L.-J. Weidemann
2. Vorsitzender
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Betreff: [LHV-Info]
Berechtigtes Interesse zur Haltung eines „ gefährlichen Hundes“ auch bei
Tierheimhunden aus anderen Bundesländern!
Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstrasse: Berechtigtes Interesse zur
Haltung eines „gefährlichen Hundes“ auch bei Tierheimhunden aus anderen
Bundesländern!
Mit Beschluß vom 22.12.2008 hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt
an der Weinstraße (5 L 1418/08.NW) in einem Eilverfahren einer Hundehalterin
Recht gegeben und die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen eine für
sofort vollziehbar erklärte Ordnungsverfügung einer rheinland-pfälzischen
Gemeinde wiederhergestellt.
Die Antragstellerin hatte einen – wie sich später herausstellte –
„gefährlichen Hund“ im Sinne des LHundG RP aus einem baden-württembergischen
Tierheim übernommen und für diesen, nachdem die zuständige Amtsveterinärin ihn
für eine Kreuzung eines American Staffordshire Terriers hielt, eine
Haltererlaubnis beantragt. Diesen Antrag hat die Gemeinde abgelehnt und u.a.
die Untersagung der Hundehaltung sowie die Sicherstellung des Tieres
angeordnet. Die Gemeinde war der Auffassung, es stelle nur ein „berechtigtes
Interesse“ dar, wenn ein „gefährlicher Hund“ aus einem rheinland-pfälzischen
Tierheim übernommen werde, nicht hingegen bei der Übernahme von Hunden aus
Tierheimen anderer Bundesländer. Dagegen brachte die Antragstellerin in dem
eingeleiteten Eilverfahren u.a. vor, daß im Rahmen der Prüfung, ob ein
Interesse berechtigt sei oder nicht, der als Staatsziel in Art. 20a GG
verbriefte Tierschutz zu berücksichtigen wäre. Ferner sei nicht nur das
Grundgesetz, sondern auch Art. 70 der Verfassung für Rheinland-Pfalz zu
beachten, wonach Tiere als Mitgeschöpfe geachtet und im Rahmen der Gesetze vor
vermeidbaren Leiden und Schäden geschützt werden sollen. Und dieser
verfassungsrechtlich bundes- wie landesrechtlich verbriefte Tierschutz mache
nun zweifelsohne nicht an der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz halt, zumal der
Verfassung für Rheinland-Pfalz nicht die Erwägung zu entnehmen sei, daß diese
nur für Tiere aus Rheinland-Pfalz gelten solle.
Das Verwaltungsgericht teilte diese rechtliche Bedenken und führte aus, daß
eine Auslegung des „berechtigten Interesses“ dahingehend, daß es nur vorliege,
wenn ein in einem rheinland-pfälzischen Tierheim gehaltener gefährlicher Hund
an eine Privatperson abgegeben werde, von der Intention des LHundG nicht
gerechtfertigt sei. Zwar entspräche diese enge Auslegung dem Wortlaut des
gemeinsamen Rundschreibens des Ministeriums des Innern und für Sport und des
Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz vom 05.07.2006.
Allerdings handele es sich bei dem „berechtigten Interesse“ um einen
unbestimmten Rechtsbegriff, der daran anknüpfe, daß durch die Abgabe an eine
Privatperson eine dauerhafte Unterbringung eines gefährlichen Hundes in einem
Tierheimzwinger verhindert und damit den Belangen des Tierschutzrechts unter
Beachtung der Belange des Gefahrenabwehrrechts Rechnung getragen werden könne.
Der in Art. 20a GG und Art. 70 der Verfassung für Rheinland-Pfalz verbriefte
Tierschutz sei indes ohne Bindungen an eine Landesgrenze garantiert.
Insofern bestehe daher ein öffentliches Interesse, wenn
ein gefährlicher Hund aus einem Tierheim eines anderen Bundeslandes an einen
sachkundigen und zuverlässigen Halter in Rheinland-Pfalz vermittelt werde.
Für die tierschutzrechtliche Intention des Gesetzes sei es
gleichgültig, in welchem Bundesland das Tier in einem Tierheim gehalten werde.
Der Beschluß des Verwaltungsgerichts kann von der Gemeinde mit der Beschwerde
zum Oberverwaltungsgericht angegriffen werden. Ferner ist eine Hauptsacheklage
noch nicht anhängig. Eine abschließende Entscheidung über die seit langem
diskutierte Praxis rheinland-pfälzischer Behörden, das berechtigte Interesse
bei Tierheimhunden anderer Bundesländer zu versagen, liegt daher noch nicht
vor. Allerdings hat das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit
dieser (Eil-) Entscheidung erste Maßstäbe gesetzt.
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